Aus einer Bierlaune heraus wurde 1990 im beschaulichen Dorf Wacken in Schleswig-Holstein das erste Mal ein Festival für Musik der härteren Gangart organisiert. Die überschaubare Zuschauerzahl des für junge deutsche Rock-Bands veranstalteten Open-Air-Konzerts lag damals noch bei ca. 800.

 

Das Festival etablierte sich über die Jahre jedoch zum größten europäischen Heavymetal Festivals. Jährlich pilgern am ersten Augustwochenende Horden von Metal-Jüngern in das 2000-Seelen-Dorf. Zunächst sah die Gemeinde dem Festival, der Musik und den langhaarigen Fans skeptisch entgegen. Sie  sahen die idyllische Atmosphäre in Gefahr, man kritisierte den Lärm, die Bierflaschen, die Betrunkenen. Mit der Zeit, und vor allem auch mit der explodierenden Besucherzahl passte sich die Dorfbevölkerung jedoch mehr und mehr den Gegebenheiten an. Außerdem wurden die Vorurteile gegenüber den Fans bald relativiert, als sich herausstellte, dass es sich eigentlich hauptsächlich um nette Jungs und zahlende Gäste handelte. Als Zeichen der Begegnung spielt traditionell die Wackener Feuerwehr-Blaskapelle, die Wacken Fire-Fighters, vor einer Menge begeistert mitgrölender Metal-Fans.

 

Ende der 90er-Jahre wurde erstmals die 20 000 Besuchermarke überschritten und bis heute hat das Festival einen riesigen Zulauf erhalten. Mittlerweile finden sich jährlich fast 80 000 Besucher ein.

Deshalb wurde das Festival-Gelände auch stetig erweitert, neue Bühnen installiert, die Ticketpreise erhöht, sowie die Logistik so gut wie jährlich überarbeitet. Auch die Bürger von Wacken werden in die Planung und Durchführung des Festivals miteinbezogen.

 

Heute spielt fast jede Metal-Band der Welt, die etwas auf sich hält, auf dem norddeutschen Kult-Festival. Viele Genre-Größen wie Iron Maiden oder die Scorpions fertigten Live-Mitschnitte von ihren Auftritten an, die später meist als DVDs ihren Weg zu den Fans finden. Beim Metal Battle haben junge Nachwuchs-Bands des Genres die Chance, sich für eine Live-Performance auf einer Festival-Bühne zu qualifizieren.

 

Das Gewerbe der Gemeinde profitierte von den Besuchermassen. Vor allem der Einzelhandel, die Gastronomie, und Souvenirläden machen während der Festival-Tage gute Umsätze. Der örtliche Uhrmacher stellt jetzt Uhren mit dem Wacken-Logo her, ein Bekleidungsgeschäft verkauft Festival-T-Shirts. Während der Festivaltage herrscht Ausnahme-Zustand. Man arbeitet Tag und Nacht, kann sich an den konsumfreudigen Fans jedoch eine goldene Nase verdienen.

 

Um das Wacken Open Air entwickelte sich ein reges Merchandising-Geschäft. Zu den beliebtesten Fanartikeln gehören natürlich die Festival-Shirts, CDs und DVDs, bis hin zu Kalendern, Büchern und sogar der eigenen Biermarke Wacken Premium Pils.

 

Der Metal-Train fährt von der Schweiz über deutsche Großstädte bis zum Mekka der Metal-Fans und wieder zurück. Für Fans aus den deutschen Nachbarländern werden jährlich Bustouren zum Festival organisiert.

 

Trotz den gängigen Klischees von aggressiven Metal-Fans, welche nur laute Musik und Zerstörungswut mit sich bringen, läuft das Festival meist friedlich und ohne größere Zwischenfälle ab. Aus den Polizeiberichten geht jedes Jahr aufs Neue hervor, dass die Ordnungshüter nicht allzu viel zu tun hatten.

 

Es haben sich mittlerweile auch einige Filmemacher mit dem Phänomen Wacken beschäftigt. So entstanden die Filme Metalheads und Nordland, sowie 2006 die preisgekrönte Reportage Full Metal Village der koreanischen Regisseurin Sung-Hyung Cho, die dafür mehrere Auszeichnungen erhielt. Sender wie der WDR, das ZDF und DMAX strahlten Dokumentationen bzw. Konzertmitschnitte aus.

 

Inzwischen gibt es auch einige Ableger des Festivals, so das Wacken Rocks South und Wacken Rocks Seaside. Ein Wacken Rocks Brazil in São Paulo befindet sich in Planung.

 

Das Open Air erhielt 2008 den Live Entertainment Award für das Beste Festival des Jahres 2007.

Autoren: Felix Mildner und Tobias Schießl